Unsere psychische Gesundheit und das Essen

Unsere psychische Gesundheit und das Essen

 

Grundsätzlich entwickelt sich unsere Persönlichkeit durch die genetischen Anlagen und die sozialen Einflüsse während unserer Kindheit und Jugend.

Habe ich eher ein ängstliches Naturell oder eher ein fröhlich zupackendes positives Naturell geerbt? Bin ich eher zwanghaft genau, dominant egoistisch oder neige zu Depressionen?

Eltern und Bezugspersonen können meine Anlagen verstärken, können sie mildern, aber auch Entwicklungsprobleme schaffen, die nicht meinen Genen entsprechen. Überbesorgte, ängstliche Eltern oder Eltern, die ständig kritisieren, sehr streng sind, starken Druck ausüben, aber auch diejenigen, denen ihr Kind weitgehend egal ist, können Ängste, Unsicherheiten und Depressionen fördern.

Heute gibt es viele Eltern, die ihren Kindern alles abnehmen (bis auf die Schule), den Kindern ein möglichst problemfreies Leben bereiten wollen und die Ihren Kindern (fast) alle Wünsche erfüllen, was zur Folge hat, dass diese Kinder als junge Erwachsene wenig Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz und Problemlösestrategien haben.

Wenn ich dann im Laufe des Lebens mit verschiedensten Ansprüchen (Ausbildung, Arbeitsleben, Partnerschaft uvm) und Problemen (Erwachsenwerden, Einsamkeit, Eheprobleme, Krankheiten, Konflikte mit Kollegen, Freunden, Partnern, Eltern oder Kindern) konfrontiert werde, kann dies zu einer Angststörung, zu Panikattacken oder Depressionen führen.

  • Phobien sind Ängste vor speziellen Objekten u./o. Situationen (z.B. Tunnel-, Spritzen-, Spinnenphobie)
  • Soziale Phobie – die häufigste Angststörung - umfasst die ständige Sorge von anderen Menschen begutachtet, abgelehnt und kritisiert zu werden oder Fehler zu machen. Diese Menschen strengen soziale Kontakte oft sehr an, sie passen sich an und wollen nicht auffallen. Kontakte zu Vorgesetzten sind ebenso anstrengend wie Prüfungen. Bei ganz starker Angst trauen sich die Menschen kaum noch aus dem Haus.
  • Panikattacken können im Zusammenhang verschiedener Störungen auftreten. Bei o.g. Phobien, bei generalisierten Angststörungen, aber auch z.B. beim Erschöpfungssyndrom/Burn-out. Es gibt immer Auslöser für die Attacken, oft haben die Betroffenen ein geringes Selbstwertgefühl.

Wenn Sie solche Symptome haben, sollten Sie mit Hilfe von psychologisch geschulten Menschen herausfinden, woher diese Probleme kommen und wie Sie sie lösen können.

 

 

Aber natürlich haben auch mein Lebensstil, mein Essverhalten und die sozialen Ansprüche an mich darauf Einfluss wie ich mich fühle.

Heute sind die Ansprüche an junge Menschen extrem hoch, der „Zwang“ zur Selbstoptimierung, alles „richtig“ zu machen (Essen, Sport, Figur, Kleidung, Wohnung, Freundeskreis, Partner, Erfolg, tolle Erlebnisse) stresst viele Junge extrem und das hat traurige Folgen: immer mehr Menschen sind unzufrieden mit ihrem Leben (das Vergleichen auf social media lässt uns meist weniger erfolgreich aussehen), der Zwang „gesund“, ökologisch korrekt, schlank und cool zu sein belastet ungemein, die Essstörungen (und Schönheits-Operationen) nehmen leider sehr zu. Statt als Ziel zu sehen, wirklich gesund und leistungsfähig zu sein, müssen wir superschlank sein und supertoll aussehen, ob unsere Gesundheit darunter leidet ist egal.

  • Anorektiker*innen versuchen möglichst wenig zu essen und verlieren daher an Gewicht, Kraft, Leistungsbereitschaft, Fortpflanzungsfähigkeit und Konzentration. Im schlimmsten Fall hungern sie sich zu Tode.
  • Bulemiker*innen haben unmäßige Fressattacken während denen sie Unmengen von Kalorien in sich hinein stopfen und erbrechen danach, um nicht zuzunehmen. Auch dies führt zu einem Nährstoffmangel, weitet den Mageneingang, schädigt die Speiseröhre und Zähne durch die aggressive Magensäure, kann zu Herzrhythmusstörungen führen (durch Elektrolytverschiebungen) und behindert das Sozialleben, da Betroffene immer nach Möglichkeiten suchen, allein ihre Fressanfälle zu zelebrieren. Letztlich führt auch diese Essstörung oft zum Tod.

Meist sind Probleme mit dem Erwachsenwerden, der Familie und dem Selbstwertgefühl Hintergründe der Essstörungen.

 

 

Dabei hat das Essen eine wichtige Rolle:

 

es sind Lebensmittel, d.h. Mittel, damit wir am Leben bleiben.

 

Unser Körper baut ständig Zellen ab (Haare + Nägel wachsen, Blutzellen sterben, Hautzellen werden abgestoßen usw.) und unser Körper muss aus dem Essen, das wir zu uns nehmen alle diese Zellen, Hormone, Botenstoffe immer wieder neu aufbauen –  auch die „Glückshormone“ wie Serotonin, Dopamin (und Endorphine).

  • Serotonin enthält Trytophan, das am meisten enthalten ist in (pro 100g): Soja (450 mg), Käse (ca. 400 mg), Erdnusspaste (330 mg), Nüssen (ca. 300 mg), Fleisch (ca. 300 mg), Fisch (ca. 250 mg) und Hülsenfrüchten (ca. 200 mg). Obst und Gemüse enthalten relativ wenig Trytophan, Äpfel z.B. nur 8 mg.
  • Dopamin wird aus Tyrosin gebildet. Die gehaltvollsten Lebensmittel sind ähnlich dem Trytophan (pro 100 g): Käse (1200 – 1700 mg), Soja/Erbsen (1220 mg), Fleisch (900 mg), Fisch (ca. 650 mg), Nüsse (470 – 1190 mg = Erdnüsse) und Weizenprodukte/Haferflocken (400 – 570 mg). Äpfel enthalten 5 mg.

Umso einseitiger wir uns ernähren (z.B. vegan), umso schwerer ist es für den Körper alle benötigten Stoffe zu bekommen – oben wurden nur zwei von mehreren Hundert aufgeführt. Dabei müssen wir daraus keine Wissenschaft machen (und auch das tun heute viele Menschen), wenn es so kompliziert wäre, gesund zu bleiben, wäre die Menschheit schon zu Zeiten ausgestorben als es weder Powerfood, tropische Nahrung, Nahrungsergänzungsmittel, Kühlschränke, Supermärkte noch Apotheken gab, sondern nur Jäger, Sammler und im Winter lange Fastenzeiten ohne Vitamine.

 

Essen soll

  • uns gesund, am Leben halten
  • uns Freude und Genuss bieten, ohne dass ständig gezählt, analysiert, begutachtet und sorgenvoll daran gedacht wird, ob man dies essen „darf“. Genuss ist ein wichtiger Faktor für die Gesundheit des Körpers und der Psyche
  • uns Anlässe verschaffen, fröhlich mit anderen Menschen zu feiern
  • Zuneigung zeigen – „Liebe geht durch den Magen“.

 

Dr. med Angelika Böhme                                                                           (Fachärztin für Anästhesie; Ärztin für Schmerz-und Psychotherapie) 

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